Freitag, 7. März 2008

Kostenquote bei teilweiser Klagrücknahme

Wird die Klage wegen eines Teilbetrages zurück genommen, ergibt sich die Kostenquote nicht
aus dem Verhältnis des zurück genommenen Betrages zum Gesamtbetrag.
Maßgeblich ist das Verhältnis der Mehrkosten, die auf den zurück genommenen Betrag entfallen, zu den tatsächlich entstandenen Kosten.

(Leitsatz RA. Raudszus)

OLG Schleswig, 1 W37/O7(18 O 156/07 LG Kiel)


Beschluss



In dem Rechtsstreit


- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Raudszus & Partner, 24306 Plön -


gegen


hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Hblsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch ..... 3. September 2007 beschlossen:


Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von bis zu 600,-- € zurückgewiesen.


Gründe

Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von ca. 15.000,— € begehrt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung einen Teilbetrag von ca. 12.000,-- € anerkannt. Die Klägerin hat die darüber hinausgehende Klage sodann mit Zustimmung des Bekiagten zurückgenommen. Das Landgericht hat ein Teilanerkenntnis- und Kostenschlussurteil erlassen, durch das es den Beklagten zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Kosten zu 8 % der Klägerin und zu 92 % dem Beklagten auferlegt hat. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er eine Kostentragungspflicht der Klägerin zu mindestens 20 % erstrebt.


II.

........

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn das Landgericht hat der Klägerin zu Recht nicht mehr als 8 % der Kosten auferlegt.

Nach Teilanerkenntnis und Teilrücknahme ist eine einheitliche Kostenentscheidung im Urteil zu treffen. Wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit sind die auf die Rücknahme entfallenden Kosten, die gemäß § 269 Abs. 3 ZPO der Kläger zu tragen hat, nicht auszusondern, sondern es ist nach ganz herrschender Meinung einheitlich durch Schlussurteil zu entscheiden und eine Kostenquote zu bilden. Dabei ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlaufe des Rechtsstreits anfallenden Gebühren ggf. nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind. Wie die Quote stattdessen zu berechnen ist, ist umstritten.

Nach einer Auffassung (Schneider, Die Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl., 3. 197 if.) entspricht die Teilrücknahme einem Teilunterliegen gemäß § 92 Abs. 1 ZPO. Für jede Gebühr sei eine dem Streitwert und dem Unterliegen bzw. Obsiegen angepasste Quote zu bilden und der Anteil betragsmäßig zu ermitteln. Die so ermittelten Beträge seien anschließend zu addieren und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten zu setzen. Daraus ergebe sich die auszusprechende Kostenquote.

Nach anderer Auffassung (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 6. Aufl., Rn. 174 m.w.N.) wird die Kostenquote dadurch ermittelt, dass die Mehrkosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen, errechnet und diese in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten gesetzt werden.

Der Senat folgt der zweiten Meinung. Nach der ersten Meinung würde der Beklagte allein dadurch besser gestellt, dass der Kläger zunächst mehr als den anerkannten Betrag verlangt. Dafür ist kein Grund ersichtlich. Zudem würde nach der ersten Methode für den Kläger der Anreiz für eine teilweise Klagrücknahme entfallen. Schließlich liegt - anders als bei einem Teilunterliegen - keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den zurückgenommenen Teil vor, weil bei einer Klagrücknahme rückwirkend die Rechtshängigkeit entfällt. Eine von der Gegenmeinung angenommene Vergleichbarkei~ von Teilrücknahme und Teilunterliegen ist daher nicht gegeben.

Nach der Mehrkostenmethode hat das Landgericht der Klägerin die Kosten mit 8 % zumindest nicht zu einem zu niedrigen Anteil auferlegt.

Auf der Grundlage eines Streitwertes von 15.183,14€ sind vorliegend folgende

Gebühren entstanden;

lGebühr nach GKG KVl2ll à 242,—€= 242,00€

2 x 1,3 Gebühren nach RVG KV 3100 ä 735,80€ = 1.471,60€

2 x 1,2 Gebühren nach RVG KV 3104 ä 679,20€ = 1.358,40€

zusammen 3.072,00 €.


Auf der Grundlage des um den zurückgenommenen Teil reduzierten Streitwertes in Höhe von 12.006,-- € wären folgende Gebühren entstanden:

- 1 Gebühr nach GKG KV 1211 ä 219,00€ 219,00€

- 2 x 1,3 Gebühren nach RVG KV 3100 ä 683,80 €= 1.367,60€

- 2 x 1,2 Gebühren nach RVG KV 3104 ä 631:20 € = 1.262,40 €

zusammen 2.849,00 €.

Die Mehrkosten in Höhe von 223,— € machen nicht mehr als 8 % der tatsächlich angefallenen Kosten aus, so dass die sofortige Beschwerde unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.


Dienstag, 8. Januar 2008

Schluss mit Nötigung durch Handy-Provider



Wer hat es noch nicht erlebt?   -  Ein Handy-Vertrag ist schnell geschlossen, es werden günstige Tarife in der Home-Zone oder Ähnliches versprochen - und dann funktioniert es nicht. Etliche Telefonanrufe werden durch gewiefte Call-Center in das Kommunikations-Nirvana geschickt, Emails werden ignoriert, nur das Mahnwesen arbeitet routiniert. Wer die Vergütung wegen nicht erbrachter Leistungen kürzt, wird kurzerhand der SCHUFA und dem "Fraud Prevention Pool" gemeldet. Folge: kein neuer Handy-Vertrag mehr, man ist auf Prepaid-Karten angewiesen und die Kreditwürdigkeit ist auch hin, das alles, weil der Vertragspartner seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.

Immerhin kündigen die Provider mit drohendem Ton diese Maßnahmen zu Beginn der Mahnserien an. Viele zahlen wegen der Drohungen lieber für nicht erhaltene Leistungen. 

FALSCH: Dies ist der richtige Zeitpunkt, um sich zu wehren

Und die Gerichte helfen. Nachstehend ein Urteil des AG Plön -2 C 650/07 in Auszügen, das in erfrischender Kürze und Deutlichkeit den Providern ihr rechtswidriges Verhalten um die Ohren haut.
WICHTIG: Das Gericht hatte zwar einen Einzelfall zu entscheiden. Es handelt sich aber um eine typische Fall-Konstellation mit typischem Verhalten eines Providers.

Das Urteil wir bereits mit Freude auf den einschlägigen Onlineplattformen publiziert und diskutiert. Eine Pdf-Version zum Download steht bei MIT - Medien Internet und Recht bereit.

Nähere Informationen geben wir Ihnen gerne unter: Kanzlei@Raudszus.org



Das Urteil

In dem Rechtsstreit
xxx - Klägerin - 
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte Raudszus & Gebhardt
                                       Hamburger Straße 27, 24306 Plön
gegen
Debitel AG xxx - Beklagte -
hat das Amtsgericht Plön am ......... für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin wegen der streitigen Forderungen aus dem Telekommunikationsvertragsverhältnis der Parteien beider Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) oder dem Fraud Prevention Pool zu melden, bevor sie einen rechtskräftigen Titel über die Forderungen erwirkt hat.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis
zu 250.000 € angedroht.


Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in
Höhe von 62,64 € zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
Entscheidungsgründe;
(unter Verzicht auf den Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)


Aus den Gründen:

Nach diesen Vorschriften hat die Beklagte es zumindest derzeit zu unterlassen, einen negativen „SCHUFA“-Eintrag und einen Eintrag im „Fraud Prevention Poor‘ gegen dip Klägerin zu veranlassen, denn dies wäre eine unzulässige Datenübermittlung und ein Verstoß gegen den Datenschutz und damit gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

Eine „SCHUFA“-Meldung darf nur bei vertragswidrigem Verhalten des Schuldners und nur nach Abwägung der betroffenen Interessen erfolgen. Dies führt in aller Regel und auch hier dazu, dass bestrittene Zahlungsverpflichtungen nicht gemneldet werden dürfen. Die sog. „Schufa -Meldung stellt einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar; sie :kann ihn erheblich schädigen, indem sie seine Kreditwürdigkeit beeinträchtigt und ihm dadurch den Zugang zu vielen Bereichen des täglichen Wirtschaftslebens erschwert oder versperrt. Sie darf daher nicht erfolgen, wenn ein Anspruchsgegner seine Zahlungspflicht mit ernst zu nehmenden Argumenten bestreitet.

So liegt der Fall hier. Ob die Klägerin zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt war und ob für die Zeit nach der Kündigung noch Zahlungsverpflichtungen bestehen, ist zwischen den Parteien streitig. Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung; jedenfalls aber sprechen für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gute Gründe. Vor diesem Hintergrund kommt eine „SCHUFA“-Meldunggegen die Klägerin gegenwärtig nicht in Betracht. Ebenso verhält es sich mit einer Meldung an den „Fraud Prevention Pool“. Zwar resultieren aus einem solchen Eintrag keine so schweren Beeinträchtigungen wie aus einem „Schufa“-Eintrag. Auch hierbei handelt es sich jedoch um eine Datenübermittlung zum Nachteil des Betroffenen in der Telekommunikationsbranche, die nur zur Wahrnehmung berechtigter Interessen zulässig ist, die gegenüber den Interessen des Betroffenen überwiegen müssen. Dies ist hinsichtlich einer mit gewichtigen Argumenten bestrittenen Forderung nicht der Fall.

Die Klägerin musste die Meldungen, deren Unterlassung sie begehrt, seitens der Beklagten auch i.S.d. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB befürchten. Sie wurden ihr mit Schreiben vom 13. November 2006 ausdrücklich angedroht. Ob es sich dabei, wie die Beklagte in der Klageerwiderung erklärt, „um eine Standardinformation“ handelt, vermag der Erklärungsempfänger nicht zu erkennen; im Übrigen ist es unerheblich, denn auch bei eine „standardmäßigen“ Androhung muss der Empfänger damit rechnen, dass diese sodann - gewissermaßen ebenfalls „standardmäßig“ - die Meldung nach sich zieht. 

Im Übrigen hat die Beklagte die Androhung mit Schreiben vorn 24. November 2006 
ausdrücklich - und nicht standardmäßig, sondern, durch einen individuell auf das Schreiben des Klägervertreters vom 21. November 2006 bezogenen Text - aufrecht erhalten und sogar konkretisiert. Die Formulierung „... Die ... Kreditgefährdung liegt somit im Verantwortungsbereich ihrer Mandantin“ kann der Empfänger nur dahin verstehen, dass die Beklagte zur Meldung entschlossen ist, sofern die Forderungen nicht ausgeglichen werden - und zwar unabhängig von dem Bestreiten.